Wenn ich in ein anderes Land reise, versuche ich, soviel wie möglich von diesem Land aufzunehmen. Mit den Locals zu sprechen, heimisches Essen zu probieren und mich an den Gegebenheiten anzupassen. In der Stadt Cuenca, im Süden von Ecuador sollte mir das nicht ganz gelingen.
Eines gleich vorweg: die Stadt ist wunderbar. Ich habe mich gleich bei meiner Ankunft in sie verliebt. Eine super erhaltene Kolonialstadt, mit wunderschönen Häusern, Gassen und Kathedralen. Es ist sicher und alles ist sehr entspannt. Hier kommt kein Stress auf. Das schlägt sich auch beim Warten aufs Essen nieder. 45 Minuten ist keine Seltenheit, dann bekommt man Mal das Getränk. Ich genieße diese Langsamkeit, streune durch die Gassen, stolpere hier und da in ein schickes Cafe und beobachte die Leute.
Die Stadt ist ganz anders als die anderen Städte, die ich bisher in Südamerika gesehen habe. Es gibt viele kleine Restaurants, Bars und Kunsthandwerk-Geschäfte. Die Straßen der ganzen Innenstadt sind mit Pflastersteinen ausgelegt und alles ist tip top sauber. Es wird sogar Müll getrennt.
Ein markanter Punkt ist die riesengroße Kathedrale im Zentrum. Die markanten, blauen Kuppeln sind von vielen Orten der Stadt zu sehen. Nur die Türme der Kathedrale sind ein wenig zu niedrig geraten. Der deutsche Architekt der Kirche hat sich da grob verrechnet und so konnten sie nicht so hoch wie geplant gebaut werden. Jetzt sehen sie nicht ganz fertig aus.
Aja, und da ist noch die großartige Markthalle. Es türmen sich Früchte, Gemüse aber auch Frischfleisch. Das stinkt teilweise bestialisch.
Mitten im Markttreiben finde ich auch Schamaninen, die Leute mit Kräuterbuschen ‚abstreifen‘ und heilen. Ein kleiner Bub, der gerade behandelt wird, wehrt sich lautstark dagegen. Ansonsten dürften die Schamaninen jedoch sehr beliebt sein.
Schon bei meinem Streifzug durch die Stadt finde ich die ‚Wunderbar‘. Ein eher ungewöhnlicher Name für eine heimische Bar und ich finde heraus, dass sie einen österreichischen Besitzer hat. Wenig später komme ich auch noch beim Café Austria vorbei, wo es Cordon Bleu als Mittagsmenü gibt. Zum Drüberstreuen finde ich später auch noch das Cafe ‚Sacha‘. Und es gibt dort tatsächlich auch Sacher-Torte. Ich frage mich warum hier so viel österreichische Einflüsse zu finden sind – vermutlich haben sich auch andere hier sehr wohl gefühlt.
Als ich gerade auf einer Bank vor der Kathedrale sitze, spricht mich ein älterer Herr in perfekten Deutsch an. Er hat in Deutschland studiert und war führender Ingenieur im Bereich Kraftwerksbau weltweit. Er war viel im Himalaya, in Kanada und in der Schweiz unterwegs und will sich nun in Cuenca zur Ruhe setzen. Sein Heimatdorf beim Cotopaxi sei ihm zu gefährlich auf Grund der Gefahren bei einem Ausbruch. Als ich ihm erzähle, dass ich bald nach Peru fahre beginnt er von den Inkas und deren Baukünsten zu schwärmen. Er glaubt nicht, dass damals alles mit rein menschlichen Kräften zugegangen ist. Es ist ein sehr interessantes Gespräch, ein hoch-technokratisierter Mensch mit Glauben an das Übersinnliche.
Mittlerweile sind meine Reisekompaninnen Vicky, Tahel und Vreni ebenfalls in Cuenca eingetroffen und Pascal, ein weiterer Schweizer Eidgenosse gesellt sich zu uns. Gemeinsam machen wir die Stadt unsicher.
Cuenca sollte der letzte Stop für mich sein, bevor ich nach Peru weiterreise. Laut Internet fährt stündlich ein Bus von Cuenca direkt an die Küste Perus mit Grenzüberquerung. Und so fahre ich gemeinsam mit meinen Kollegen in der Früh zum Busbahnhof. Sie wollen noch zu einer Inka Stätte zwei Stunden entfernt von Cuenca fahren bevor es für sie auf die Galapagos Inseln geht.
Am Busbahnhof weiß leider niemand etwas von einem stündlichen Bus, es fährt lediglich ein Nachtbus um 21:30.
So verbringe ich also noch einen weiteren Tag in Cuenca mit meiner mittlerweile kleinen Familie bei einem Ausflug zu den Inka Ruinen von Ingapirca. Sie sind die am besten erhaltenen Inka Ruinen Ecuadors und der Führer klärt uns leidenschaftlich über das Leben der Inka und dessen Bezug zu Sonne und Mond auf.
Abends gönnen wir uns in Cuenca noch einen Glühwein und ich mache mich schließlich wirklich auf nach Peru. Ein paar Strandtage warten. Aber zuvor muss ich wieder Mal eine Grenze überqueren. Diesmal mitten in der Nacht.
Ich verlasse Ecuador mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Dieses kleine Land ist mit sehr ans Herz gewachsen und ich durfte unglaubliche Dinge erleben und grandiose Natur sehen. Für den Dschungel und die Galapagos Inseln hat die Zeit diesmal leider nicht gereicht, also muss ich wohl wiederkommen.
Adios Ecuador, Bienvenido Peru!