Battambang – Kambodschas Landleben

Herzlich Willkommen in Kambodscha!

Schon am Grenzübergang merke ich – hier läuft einiges anders. Ich bin vor zwei Tagen am Weihnachtsabend in Bangkok gelandet und nachdem ich meine Knochen nach dem Flug ein wenig gerichtet hab, mit dem Bus Richtung Kambodscha gedüst. Veranschlagt ist für diese Route eine Dauer von ca. 8 Stunden. Die Grenze erreichen wir nach gut 4 Stunden und der Grenzübertritt läuft recht aufwändig und kompliziert ab. Das Aus-/Einreiseprozedere dauert fast 3 Stunden. Stempel sind zu besorgen, Passfotos abzugeben und in langen Reihen zu warten. Die größte Änderung jedoch: es wird von Rechtsverkehr auf Linksverkehr gewechselt. Ich hoffe, das verwirrt den Busfahrer nicht allzu sehr. Und sehr schnell wird aber auch klar, ich bin hier in einem der ärmeren Länder der Welt gelandet. Schon im Vergleich zu Thailand sind die Unterschiede groß. Die Straßen sind löchrig, die Behausungen sehr sehr einfach und die Preise für Essen und Trinken mehr als günstig. Aber: alles schreit nach Abenteuer – I am ready.

Die meisten Reisenden machen in Kambodscha nur einen kurzen Zwischenstopp, ausschließlich um die Tempelanlagen von Angkor Wat zu besichtigen. Auch im Bus, wo ich sitze, sind fast nur Touristen mit diesem Ziel. Nur ein Italiener (Davide) und ich melden uns, als gefragt wird, wer in die Stadt Battambang will. Ich will mir zuerst ein wenig das Landleben in Kambodscha ansehen, bevor es zum designierten Highlight Angkor Wat geht. Und so müssen wir in einer kleinen Stadt den Bus wechseln. Dort sollen wir auf einer Bushaltestelle (okay, eigentlich war es eine Autowerkstatt) auf unseren Anschluss nach Battambang warten. Es kommt jedoch kein Bus sondern ein Taxi, das uns gemeinsam mit ein paar Einheimischen nach Battambang bringt. Die Straße dorthin kann eigentlich nicht als Straße bezeichnet werden, es ist eine reine Schlagloch-Schotterpiste. Mehr als 30km/h ist nicht drinnen und wir kommen nach gut einer Stunde durchgeschüttelt in der Stadt an.

Wir werden irgendwo mitten in der Stadt abgesetzt und ich schaue mich nach einem TukTuk um, das mich zu meinem Hotel bringt. Ich frage einen jungen TukTuk Fahrer, der gerade an der Straßenecke wartet, ob er mich zum Hotel bringen kann. Er meint, ja gerne, er sei nur eigentlich kein offizieller TukTuk Fahrer, es hat nur gerade seinen Chef zu einer Veranstaltung gebracht und jetzt muss er eh zwei Stunden auf ihn warten – ich solle einfach aufsteigen, es bringt mich schnell zum Hotel. Auf die Frage, was es kostet antwortet er nur: „Schon okay, er hat sowieso gerade nichts zu tun“. Und so bringt er mich zum Hotel und ich gebe ihm trotzdem ein kleines Trinkgeld. Wow. Das nenne ich einen Empfang.

Nachdem ich mich richtig ausgeschlafen habe erkunde ich am nächsten Tag zu Fuß ein wenig die Stadt. Battambang ist überschaubar groß, hat ca. 180.000 Einwohner und ist sehr landschaftlich geprägt. Die Bauern leben vom Reis- und Früchteanbau. Die Gebäude in der Innenstadt erinnern an die französische Kolonialzeit. Touristen verirren sich nicht sehr viele hier her.

 

 

In den kleinen Tourismusbüros der Stadt werden Touren in das Umland von Battambang angeboten und so breche ich mit dem Italiener Davide, Nala aus Indonesien und Jessica aus Hongkong auf zu einer geführten Tagestour.

Erster Stopp ist der Bamboo-Train. Mit Wagen aus Bambus düst man entlang einer alten Zugstrecke durch die Felder und Wälder rund um Battambang. Kuhweiden wechseln sich ab mit saftig grünen Reisfeldern und endlos langen Palmenwäldern. Wir sind natürlich nicht die einzigen auf der Strecke. Jedes Mal wenn uns ein anderer Wagen entgegen kommt, muss ein Wagon abgebaut und vom Gleis gehoben werden, damit der entgegenkommende passieren kann. Diese Prozedur wiederholt sich sicher 10x auf der gut einstündigen Fahrt. Bei der Rückfahrt das ganze nochmal.

Gegen Mittag geht es danach zu einem Weinbauern. Ja auch Wein wird hier angebaut. Wir bekommen jedoch nicht nur unterschiedlichsten Wein zu kosten sondern auch Whiskey und Rum. Vielleicht hätten wir nach der Bamboo-Zugfahrt doch was essen sollen. So geht es leicht beduselt weiter zu Bäumen auf denen Riesenfledermäuse wohnen und danach zum Wat Banan Temple, wo zum ersten Mal ein wenig ein Indiana Jones Feeling aufkommt. Verfallene Tempelruinen, teilweise von der Natur zurückerobert. Zudem sind die Ruinen, die auf einem kleinen aber steilen Hügel stehen von einem idyllischen See umgeben. Danach gibt es endlich Mittagessen, Nudelsuppe und gebratener Reis mit Seafood.

Der Abschluss des Ausfluges sollte spektakulär sein. Ein Schauspiel, bei dem ca. 5 Mio. Fledermäuse ihr Zuhause (eine riesige Höhle) verlassen. Bevor wir uns dieses ansehen haben wir jedoch noch Zeit den Berg zu besteigen, in dem sich die Fledermaushöhlen befinden. Bevor wir den ca. 30 minütigen Aufstieg starten bekommen wir noch die Instruktionen von unserem TukTuk Fahrer: „Don’t play with the monks“. Etwas verwundert nehmen wir es zur Kenntnis. Am Gipfel des Berges steht nicht nur ein prächtiger buddhistischer Tempel, man hat auch wunderbare Fernsicht über die ganze Ebene. Im Schatten der Bäume sitzt ein Mönch, der gerade für einen Touristen Karten legt. Das wird unser Guide wohl gemeint haben, vielleicht wollte er uns einfach vor einer Touristenabzocke warnen. Erst als wir beim Abstieg zu den Fledermaushöhlen von frechen, von Touristen verwöhnten Äffchen angepfaucht werden dämmert es mir, dass unser Guide wohl eher Monkeys und nicht Monks gemeint hat. Mit dieser Erkenntnis begeben wir uns an den Fuß des Berges, um auf die Fledermäuse zu warten. Den Wartenden wird Bier und Popcorn verkauft. Wie auf Befehl schwärmen plötzlich hunderttausende Fledermäuse aus einer Höhlenöffnung im Berg, um auf Nahrungssuche zu gehen. Das beeindruckende Schauspiel dauert gut 30 Minuten. Ein schier nie enden wollender Schwarm.

Ein aufregender Tag mit vielen Impressionen in der sehr authentischen Umgebung von Battambang geht zu Ende. Wenn da nicht der feierwütige Italiener Davide uns noch zu einer Party-Tour überredet hätte. Das einzige Problem: Viel Party ist hier nicht. Nachdem wir alle zwei, im Reiseführer eingezeichneten Bars abgeklappert hatten wollten wir uns schon zurück ins Hostel orientieren wenn wir nicht in der Ferne dröhnende Disco-Beats gehört hätten. Neugierig fanden wir uns schnell vor einem prächtig geschmückten Zelt wieder und so schnell konnten wir gar nicht schauen, wurden wir von der feiernden und tanzenden Gesellschaft zum mitfeiern eingeladen. Es sollte sich als Hochzeitsfeier herausstellen. Wir wurden auf Bier eingeladen, mussten alle 10 Sekunden mit den Einheimischen anprosten und auch bei den Linedances kamen wir zum Handkuss. Noch keine 24 Stunden in Kambodscha und schon eine Hochzeit gecrasht.

 

 

Der nächste Tag fängt mit einem leichten Hangover an. Nach ausgiebigem Frühstück mache ich nun alleine eine TukTuk Tour in der Umgebung. Meine Kumpanen vom Vortag sind bereits nach Siem Reap weitergezogen, wir haben jedoch vereinbart, gemeinsam dort Silvester zu feiern, da es ja auch mein nächstes Ziel ist.
Die heutige Tour verschlägt mich zuerst zu einer Fischpaste-Fabrik – Man glaubt nicht, wie sowas stinken kann und unter welchen hygienischen Bedingungen die Paste hergestellt wird. Auch tote Krokodile liegen hier herum. Krokodile werden in Kambodscha wegen des Krokodilleders gezüchtet. Alles zusammen nichts für schwache Mägen.
Weiter geht es zu Hütten, in denen Reispapier hergestellt wird. Reispapier wird hier hauptsächlich für die in SO Asien beliebten Frühlings- und Sommerrollen verwendet. In einem einfachen Prozess werden die runden Scheiben gegossen und getrocknet. Für ca. 200 Scheiben bekommen die Leute 1$. Am Tag schaffen sie ca. 1500 Blatt. Viel Geld ist das also nicht.
Generell bin ich immer wieder erschrocken vom Lebensstandard der Leute am Land. Die einfachen Baracken, sehr viel Umweltverschmutzung, das Lohnniveau, teilweise bis zu 18 Stunden Arbeit am Tag, damit die Menschen irgendwie zu Geld kommen. Es schlägt schon ein wenig aufs Gemüt.

Trotzdem bin ich sehr froh, auch diese Seite von Kambodscha und SO Asien kennenzulernen. Abseits der klassischen Touristendestinationen und ein wenig abseits der Wege. Ein spannendes Flussabenteuer steht jetzt aber bevor. Ich werden versuchen, die Rumpelpiste von der Anfahrt zu vermeiden und per Boot nach Angkor Wat zu gelangen. Haltet mir die Daumen, dass es gelingt!

 

 

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